Familiennachzug nach Dublin-III-Verordnung

Familiennachzug nach Dublin-III-Verordnung bei Asyl

Nach der Dublin – III- Verordnung kann das Asylverfahren enger Familienangehöriger in einem Land durchgeführt werden, in dem zuerst Asylantrag gestellt wurde.
Wenn also ein Mitglied der Familie bereits in Deutschland Asylantrag gestellt hat, liegt die Zuständigkeit für die weiteren Asylanträge der Familie ebenfalls bei Deutschland.
Um das Verfahren in Gang zu setzen, müssen die Familienangehörigen, die sich etwa in Griechenland befinden, zunächst einen griechischen Asylantrag stellen. Die griechische Asylbehörde wendet sich dann an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), um die Überstellung der Antragsteller/ Antragstellerinnen nach Deutschland einzuleiten.

Bei Überstellung nach der Dublin-III-Verordnung ist ein Einreisevisum nicht erforderlich.

Die Deutsche Botschaft ist an der Durchführung des Verfahrens nicht beteiligt. Info zum Verfahren erhalten Sie bei BAMF.

Wenn sich die Familienangehörigen in einem der so genannten Dublin III Mitgliedstaaten aufhalten, besteht unter den Voraussetzungen der Dublin III Verordnung die Möglichkeit der Wiederherstellung der Familienbande im Rahmen des Dublin III Verfahrens.

  1. Die Familienangehörigen, um die es geht, halten sich beide in einem der Dublin III Mitgliedsstaaten auf. (Dublin III Mitgliedsstaaten sind alle Länder der Europäischen Union sowie die assoziierten Staaten Norwegen, Island, Schweiz und Lichtenstein. Keine Dublin III Mitgliedsstaaten sind: Mazedonien, Albanien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Kosovo.)
  2. Der Familienangehörige, welcher in eine anderes Land (Zielland) zu seinen Angehörigen ziehen möchte, muss dort, wo er sich befindet, einen Asylantrag stellen und zugleich angeben, dass er Familienangehörige und/ oder Verwandte in einem anderen Dublin III Mitgliedsstaat hat, zu welchen er überstellt werden möchte.

Die Familienangehörigen oder Verwandten in demjenigen Dublin III Mitgliedsstaat, in welchen der Betreffende als Zielland überstellt werden möchte, müssen alternativ folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Die Familienangehörige befinden sich entweder selber in einem laufenden Asylverfahren und haben noch keine erste Entscheidung erhaltenoder
  • Die Angehörige sind bestandskräftig als international Schutzberechtigte anerkannt, d.h. sie sind asylberechtigt oder haben bestandskräftig Schutz als anerkannte Flüchtlinge oder als subsidiär Schutzberechtigte erhalten.

Die Art der Zusammenführung der Familienmitglieder ist von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat unterschiedlich: Die Übernahmeentscheidung wird ausgehändigt und notwendige Tickets werden meist vom übergebenden Staat gestellt.

Für Familienangehörige, die in Ländern der Fluchtroute festsitzen, die keine Dublin III Mitgliedsstaaten sind, muss auf die normalen Regelungen der Familienzusammenführung nach dem AufenthG zurückgegriffen werden. Das heißt, die hier lebenden Familienmitglieder müssen die Voraussetzungen des Aufenthaltsgesetzes erfüllen – Familiennachzug zu Flüchtlingen.
Familiennachzug für Menschen im laufenden und noch nicht positiv abgeschlossenen Asylverfahren ist hierbei grundsätzlich nicht möglich.

Workshop zum Ausländer- und Asylrecht Bonn

Workshop zum Ausländer- und Asylrecht

Das Kommunale Integrationszentrum Bonn lädt zum Workshop:

„Ausländerrecht, Asylrecht und die wichtigsten Bestimmungen des neuen Integrationsgesetzes und ihre Bedeutung für die Praxis“

am 29.05.2017
von 09:00 Uhr – 15.30 Uhr
im Haus Migrapolis, Brüdergasse 16-18, 53111 Bonn

Die Teilnahme ist kostenlos.
Anmeldung bis zum 10.05.2017 an:
souad.elhasnaoui@bonn.de
oder Telefon 0228/77 32 37.

Der Workshop richtet sich an Hauptamtliche aus Beratungsstellen, Organisationen, Wohlfahrtsverbände und Kommunen sowie an Ehrenamtliche aus der Flüchtlingshilfe von Initiativen, Gemeinden und Vereinen.

Familiennachzug zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling

Familiennachzug zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling

Familiennachzug zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling vom 20. März 2017 – Weisung des Auswärtigen Amtes.

2017-03-20-Runderlass-Auswärtiges-Amt-Familiennachzug Geschwisternachzug

Gerade beim Geschwisternachzug ist ausreichende Wohnraum und Unterhaltssicherung nötig.

Zu Achten ist auch auf die restriktive Frist:

  • Wenn ein in Deutschland anerkanntes Kind innerhalb von 90 Tagen volljährig wird, soll die Erteilung eines Visums für Geschwisterkinder ausgeschlossen sein.

Auch das Bestehen eines Härtefalls nach § 32 AufentG wird offenbar restriktiv ausgelegt.

Insoweit ist die Kritik an dem Runderlass des Auswärtigen Amtes von Pro Asyl gerechtfertigt und erschwert noch mehr den Eltern- und Geschwisternachzug.

Familiennachzug nach § 22 AufenthG

Härtefallregelung des § 22 AufenthG für Familiennachzug

PRO ASYL und Flüchtlingsrat Niedersachsen haben zurecht die Härtefallregelung beim Familiennachzug (Koalitionsausschusses der Bundesregierung vom 29.03.2017 haben CDU und SPD)  als Augenwischerei gebrandmarkt.

§ 22 AufenthG ermögliche  den Familiennachzug im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern die Härtefallklausel in § 22 AufenthG in Einzelfällen

Das Netzwerk „Berlin hilft“ gab in einem Beitrag vom 31.03.2017 z. B. an, dass bis März 2017 kein einziger Mensch ein Visum über den § 22 AufenthG bekommen habe.
Laut einem Artikel im MiGAZIN vom 31.03.2017 spreche demgegenüber der Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) von inzwischen 49 positiv entschiedenen Fällen.

Voraussetzungen für einen Härtefallantrag nach § 22 AufenthG

Ausführungen des Auswärtigen Amtes zu § 22 Aufnethg (Anhörung zum Familiennachzug am 20.03.2017 im Bundestag):

Eine Aufnahme nach § 22 Satz 1 AufenthG kommt nach den Verwaltungsvorschriften allein in Fällen einer humanitären Notlage in Betracht, die sich von den Lebensumständen im Aufenthaltsland deutlich abhebt und aus der eine dringende Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen folgt. Die konkrete Situation der aufzunehmenden Person muss sich dabei als „singuläres Einzelschicksal“ darstellen, das sich von vergleichbaren Situationen durch die Intensität und den Grad der Gefährdung unterscheidet. Die Aufnahme aus humanitären Gründen setzt darüber hinaus u. a. voraus, dass ein besonders enger Bezug zu Deutschland und ggfs. Anknüpfungspunkte an ein bestimmtes Bundesland in Deutschland, z. B. durch dort lebende Familienangehörige oder frühere Aufenthalte in Deutschland, gegeben sind.

Danach ist eine Nachzug so gut wie ausgeschlossen.

Verfahren nach § 22 AufenthG

Eine Antrag nach § 22 AufenthG ist zunächst nicht an die deutsche Auslandsvertretung (Visumsverfahren), sonder über das Auswärtige Amt zu richten (Vorprüfungsverfahren).

Dieses Vorprüfungsverfahren läuft nach den folgenden Schritten ab:

  1. Schriftliche Anfrage an das Auswärtige Amt, E-Mail:
    508-9-R1@auswaertiges-amt.de
  2. Darlegung der Gefährdungssituation der aufzunehmenden Person . Schilderung der Gefährdungssituation bzw. der besonderen Notlage der Familienangehörigen und der Situation der Referenzperson in Deutschland sowie der sonstigen Umstände des Einzelfalls erforderlich. Unterlagen und Nachweise, die die besondere Notlage belegen (z. B. ärztliche Atteste) und der BAMF-Bescheid der Referenzperson in Deutschland sollten beigefügt werden.
  3. Im Fall der Glaubhaftmachung einer besonderen Gefährdung/Notlage wird eine persönliche Anhörung in der zuständigen Auslandsvertretung durchgeführt.
    Auf Grundlage der durchgeführten Anhörung trifft das Auswärtige Amt eine abschließende Entscheidung über das Ersuchen auf humanitäre Aufnahme.
  4. Die Beteiligung der Ausländerbehörde erfolgt im Rahmen des Visumverfahrens. Ein Termin für die Beantragung wird von der Auslandsvertretung mit den Antragstellern auf Weisung des Auswärtigen Amtes vereinbart, eine Terminbuchung ist nicht erforderlich.

(Quelle: Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage Die Linke Drucksache 18/10960)

Bisher sind ganze 49 Anträge nach § 22 bundesweit gestellt worden. Genehmigt wurde bis Anfang März kein einziger.

Humanitäres Visum bei der Botschaft

EuGH – entscheidet: kein humanitäres Visum

Der Europäische Gerichtshof ist leider dem Schlussantrag nicht gefolgt und erkennt daher ein humanitäres Visum nach dem europäischen Gemeinschaftsrecht nicht an, EuGH Az. C-638/16.
Der Grund: europäische Recht betreffe nur die Entscheidung über zeitlich begrenzte Visa – also nicht für einen längeren Asyl-Aufenthalt.

Humanitäres Visum bei der Botschaft

Erfreulich ist der Schlussantrag des Generalanwalt Mengozzi, der ein humanitäres Visum vorsieht: Rechtssache C-638/16 PPU X und X / Belgischer Staat).

Nach Auffassung von Generalanwalt Mengozzi sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein humanitäres Visum zu erteilen. Das gelte, wenn bei einer Verweigerung Personen, die internationalen Schutz suchen, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden würden.

Der Sachverhalt zum Asyl-Visum

Der Fall, der vom Europäischen Gerichthshof entscheiden wird:

Am 12. Oktober 2016 stellte ein syrisches Ehepaar und dessen drei Kinder, die in Aleppo (Syrien) leben, bei der belgischen Botschaft in Beirut (Libanon) Visumanträge.
Sie begehrten die Erteilung von Visa mit räumlich beschränkter Gültigkeit nach dem EU-Visakodex1, die es der Familie ermöglichen sollten, in Belgien einen Asylantrag zu stellen.
Einer der Antragsteller bringt vor, er sei von einer bewaffneten Gruppe entführt, geschlagen und gefoltert worden, bevor er schließlich gegen Lösegeld freigelassen worden sei.

Verfahren und bisherige Praxis der EU-Mitgliedstaaten

Am 18. Oktober 2016 lehnte das Ausländeramt (Belgien) die Anträge ab. Es ist der Ansicht, die betroffene syrische Familie habe aufgrund dessen, dass sie ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit beantragt habe, um in Belgien einen Asylantrag zu stellen, offensichtlich beabsichtigt, sich länger als 90 Tage in Belgien aufzuhalten.
Ferner seien die Mitgliedstaaten insbesondere nicht verpflichtet, alle Personen, die eine katastrophale Situation erlebten, in ihr Hoheitsgebiet aufzunehmen.

Die syrische Familie rief daher den Rat für Ausländerstreitsachen (Belgien) an und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Entscheidungen über die Ablehnung der Visumanträge. Dieses belgische Gericht hat im Eilverfahren beschlossen, dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung des Visakodex sowie der Art. 4 („Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung“) und 18 („Asylrecht“) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vorzulegen.

Stellungnahme des Generalanwalts zum „Asyl-Visum“

Der Generalanwalt Paolo Mengozzi stellt in seinem Schlussantrag fest, dass die Situation der betroffenen syrischen Familie in den Regelungsbereich des Visakodex und damit des Unionsrechts fällt:

1 Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft, insbesondere Art. 25 Abs. 1 Buchst. a. 2 Gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 des Visakodex werden mit dieser Verordnung „die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum festgelegt“.

Nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b des Visakodex wird das Visum verweigert, wenn begründete Zweifel an der vom Antragsteller bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.

Der Generalanwalt ist der Ansicht, dass die Behörden der Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die in der Charta garantierten Rechte zu wahren.

Generalanwalt Mengozzi betont insoweit, dass die in der Charta verankerten Grundrechte den Adressaten (hier die Visa-Antragsteller) der von einer solchen Behörde erlassenen Rechtsakte unabhängig von jeglichem territorialen Kriterium garantiert sind.

Ein Mitgliedstaat sei verpflichtet, bei Vorliegen einer Situation, in der die durch Tatsachen bestätigte Gefahr eines Verstoßes u. a. gegen Art. 4 der Charta bestehe, ein humanitäres Visum auszustellen.

Empfehlung an den Europäischen Gerichtshof zum „Asyl-Visum“

Generalanwalt Mengozzi schlägt dem Gerichtshof vor, dem Rat für Ausländerstreitsachen wie folgt zu antworten,

dass ein Mitgliedstaat, von dem ein Drittstaatsangehöriger die Erteilung eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aus humanitären Gründen begehrt, verpflichtet ist, ein solches Visum zu erteilen, wenn ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Verweigerung der Ausstellung dieses Dokuments zur unmittelbaren Folge haben wird, dass der Drittstaatsangehörige einer unter das Verbot des Art. 4 der Charta fallenden Behandlung ausgesetzt wird, und ihm dadurch eine rechtliche Möglichkeit vorenthalten wird, sein Recht, in diesem Mitgliedstaat um internationalen Schutz zu ersuchen, auszuüben.

Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Europäischen Gerichtshof bei seiner Entscheidung nicht bindend. Nun gilt es abzuwarten, wie die Richter des Gerichtshofs entscheiden werden.

Der Fall betrifft die belgische Behörden. Bei deutschen Auslandsvertretungen dürfte aber nichts anders gelten.

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat sich auch zu der Entscheidung und dem humanitären Visum geäußert

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