Ausweisung

Die Ausweisungsverfügung (Ausweisung) bildet die Grundlage für die Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung.

Die rechtskräftige Ausweiung führt zum Erlöschen eines Aufenthaltstitels und läßt die Ausreisepflicht entstehten.

Achtung: Bereits die Zustellung der Ausweisung hindert die Erteilung eines neuen Aufenthaltstitels. Nur in besonderen Fällen ist dennoch die Erteilung eines Titels möglich, § 11 Abs.1 AufenthG.
Die Wirkung der Ausweisung kann allerdings von der Ausländerbehörde nachträglich aufgehoben werden, § 11 Abs. 4 AufenthG.

Widerspruch/Klage gegen die Ausweisung haben aufschiebende Wirkung, so dass vorher eine Abschiebung nicht erfolgen darf. Etwas anders gilt wenn die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet wurde, vgl. insoweit auch das Beispiel zur nachträglichen Befristung des Aufenthaltstitels.

Eine Ausweisung setzt ab dem 1. Januar. 2016 vor allem voraus (§ 53 AufenthG), dass öffentliche Ausweisungsinteresse dem Interesse des Ausländers am Verbleib überwiegt. Bei der Abwägung sind zu berücksichtigen:

  • Dauer des Aufenthalts in Deutschland
  • persönliche, wirtschaftliche Bindungen an Deutschland
  • Bindung im Herkunftsstaat
  • Folgen für Familienangehörige

Ausweisung von Eltern

Nach Art. 3 Abs. 1 UN-Kinderrechtskonvention (KRK) ist das Wohl des Kindes zu berücksichtigen. Dennoch ist eine Aufenthaltsbeendigung für einen Elternteil ausnahmsweise möglich. Etwa aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. So bei besonders schweren Straftaten und langfristig ungünstiger Prognose, BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 – 1 B 22.10.

Eine Ausweisung wegen Unterstützung des Terrorismus kann rechtmäßig sein, auch wenn der Ausländer mit einem minderjährigen, deutschem Kind in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und diesem Unterhalt leistet. Die Behörde kann in Einzelfällen die Verhältnismäßigkeit einer solchen Ausweisung durch eine Duldung aus familiären Gründen für den Zeitraum, in dem das Kind auf den Ausländer angewiesen ist, sicherstellen, BVerwG, Urteil vom 30.07.2013 – 1 C 9.12.

Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung

Seit Inkrafttreten der Änderung des § 11 Abs. 1 AufenthG durch das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) haben Ausländer einen Anspruch darauf, dass die Ausländerbehörde mit Erlass einer Ausweisung zugleich deren in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 genannte Wirkungen (Einreise- und Aufenthaltsverbot, Titelerteilungssperre) befristet werden, BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2012 – BVerwG 1 C 7.11; BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 – 1 C 19.11 – BVerwGE 143, 277 = NVwZ 2013, 265.

Bemessung der Frist

Die Frist bestimme sich zum einen nach präventiven Gesichtspunkten. Bei der Bemessung der Frist sei zunächst das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen.
Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Ausländers, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag.
Selbst wenn die Voraussetzungen für ein Überschreiten der zeitlichen Grenze von fünf Jahren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG vorliegen, geht das BVerwG davon aus, dass in der Regel ein Zeitraum von maximal 10 Jahren den Zeithorizont darstellt, für den eine Prognose realistischerweise noch gestellt werden kann. Weiter in die Zukunft lässt sich die Persönlichkeitsentwicklung – insbesondere jüngerer Menschen – kaum abschätzen, ohne spekulativ zu werden.
Leitet sich diese regelmäßige Höchstdauer für die Befristung von 10 Jahren aus dem Umstand ab, dass mit zunehmender Zeit die Fähigkeit zur Vorhersage zukünftiger persönlicher Entwicklungen abnimmt, bedeutet ihr Ablauf nicht, dass bei einem Fortbestehen des Ausweisungsgrundes oder der Verwirklichung neuer Ausweisungsgründe eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden müsste (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG).

Fristbestimmung und Grundrecht

Die auf diese Weise ermittelte Frist muss sich aber an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) sowie den Vorgaben aus Art. 7 GRCh, Art. 8 EMRK, messen lassen und ist daher ggf. in einem zweiten Schritt zu relativieren. Zu prüfen ist, ob die fortwirkenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen sowie ggf. seiner engeren Familienangehörigen zu begrenzen sind (vgl. Urteile vom 11. August 2000 – 1 C 5.00 – BVerwGE 111, 369 <373> und vom 4. September 2007 – 1 C 21.07 – BVerwGE 129, 243 Rn. 19 ff.). Zu berücksichtigen sind  die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers.

Befristung der Sperrwirkung – vorherige Ausreise?

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Verbindung mit Art. 6 GG (Schutz von Ehe und Familie) kann im Einzelfall die Befristung der Sperrwirkung einer Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG gebieten, ohne dass der Ausländer zur vorherigen Ausreise verpflichtet ist (vgl. Urteil vom 4. September 2007 – BVerwG 1 C 43.06; BVerwG, Urteil vom 13.04.2010 – 1 C 5.09 – NVwZ 2010, 1161 = InfAuslR 2010, 353 Rn. 17.