Wohnsitzauflage für subsidiär Schutzberechtigte

In Deutschland wird die Aufenthaltserlaubnis für Personen, die den Status eines subsidiär Schutzberechtigten haben, häufig mit der Auflage verbunden, den Wohnsitz in einem räumlich begrenzten Bereich zu nehmen (Wohnsitzauflage).

Den Status der subsidiär Schutzberechechtigten ergibt sich aus der EU-Anerkennungsrichtlinie 2011/95/EU. Sie gibt den EU-Mitgliedstaaten ein Mindestniveau von Leistungen und Rechten vor. Hierzu gehört auch die Bewegungsfreiheit von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen wie anderen aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (Art. 33 Anerkennungs-RL).

In Deutschland kann gemäß § 12 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 eine Aufenthaltserlaubnis, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt wird, mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage verbunden werden, wenn der Berechtigte Sozialhilfeleistungen bezieht.
Wegen Art. 26 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) kommen Wohnsitzauflagen für anerkannte Flüchtlinge nur in Betracht, wenn sie aus migrations- oder integrationspolitischen Interessen erforderlich sind.

Wohnsitzauflage nach dem Europäischen Gerichtshof

Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 1. März 2016 C-443/14 und C-444/14) hat nun geklärt, unter welchen Voraussetzung eine Wohnsitzauflage für subsidiär Schutzberechtigte möglich ist, bzw. eben nicht.
Die Wohnsitzauflage beschränke den Schutzberechtigten in seinem Freizügigkeitsrecht nach Art. 33 Anerkennungs-RL.
Der Gerichtshof übernimmt dabei den Freizügigkeitsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention, wonach diese sich nicht nur frei bewegen dürften, sondern  auch das Recht haben, den Aufenthaltsort frei zu wählen.
Eine Wohnsitzauflage bedarf einer besonderen Rechtfertigung.
Das Ziel einer angemessenen Verteilung öffentlicher Soziallasten zu verfolgen, reicht für eine Wohnsitzauflage nicht aus, da sonst eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen entstehe.
Somit dürfte die bisherige deutsche Praxis der Wohnsitzauflage gemeinschaftswidrig sein.
Etwas anderes könnte gelten, wenn das Ziel der Auflage die Erleichterung der Integration der Betroffenen ist. Aber auch dann wäre die Frage der Diskriminierung im Verhältnis zu anderen Drittstaatsangehörigen zu prüfen.

Diejenigen Schutzberechtigten, die von der Wohnsitzauflage betroffen sind, sollten die Streichung der Auflage bei der Ausländerbehörde fordern.

Hinweise zur neuem 12a AufenthG – Wohnsitzauflage für Flüchtlinge ab dem 1. Januar 2016.

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