Minderjährige können leicht zur Familie nachziehen. Was passiert, wenn das Kind während des Verfahrens volljährig wird?
Der Europäische Gerichthshof nun festgestellt: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Minderjährigkeit bei der Familienzusammenführung ist der Zeitpunkt der Antragstellung.
( Urteile: C-279/20, C-273/20 u. C-355/20 vom 01.08.2022)
Zum einen ging es um den Nachzugs der Eltern zu einem
in Deutschland als Flüchtling anerkannten Kind (C273/20, C-355/20) und zum anderen um den Nachzug eines Kindes mit seinem in Deutschland mit einer Flüchtlingsanerkennung lebenden Elternteil (C279/20).
Für den Nachzug von Eltern zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling der kommt es nach dem Gerichtshof auf den Zeitpunkt der Asylantragsstellung an. Nicht relvant ist daher, wann über den Antrag entschieden wurde. Ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Entscheidung sei weder konform mit dem Ziel der Richtlinie zur Familienzusammenführung – dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Verbindung mit der Verpflichtung zur Berücksichtigung des Kindeswohls – noch steht dieses Vorgehen im Einklang mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit der Antragstellender, da eine erfolgreiche Zusammenführung in diesem Fall hauptsächlich von der Bearbeitungszeit des Antrags abhängt.
Auch beim Nachzug eines Kindes zu einer in Deutschland als Flüchtling anerkannten Person ist der Zeitpunkt des Asylantrags des zusammenführenden Elternteils maßgeblich und nicht der Zeitpunkt der Antragstellung auf Familienzusammenführung. Letzterer muss jedoch innerhalb der Frist von drei
Monaten nach Anerkennung des zusammenführenden Elternteils als Flüchtling gestellt werden.
Weiter stellte der Gerichtshof klar, dass für die Annahme tatsächlicher familiärer Bindungen zwischen Eltern und Kind gelegentliche Besuche und regelmäßige Kontakte ausreichen können, um anzunehmen, dass persönliche und emotionale Beziehungen wieder aufgebaut werden und tatsächliche familiäre Bindungen belegen.