Keine Strafe für Eltern bei gemeinsamer unerlaubter Einreise mit Kindern

Mit Urteil vom 18.06.2025 in der Rechtssache C460/23 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass eine Mutter nicht wegen Beihilfe zur
unerlaubten Einreise bestraft werden darf, wenn sie gemeinsam mit ihrem minderjährigen Kind unerlaubt in die Europäische Union einreist.

Eine Drittstaatsangehörige reiste im August 2019 über den Flughafen Bologna
begleitet von ihrer Tochter und ihrer Nichte mit gefälschten Pässen nach Italien ein. Beide Mädchen waren minderjährig. Kurz nach der Einreise stellte die Frau einen Asylantrag. Das Gericht in Bologna stellte fest, dass die Frau durch die Ermöglichung der unerlaubten Einreise der beiden Kinder nach Italien eigentlich den Straftatbestand der Beihilfe zur illegalen Einreise nach Art. 12(1) des italienischen Einwanderungsgesetzes erfüllt. Jedoch vertrat es die Auffassung,
dass das Verhalten der Frau im konkreten Fall vielmehr als humanitäre Hilfe im Sinne der EU-Schleusungs-Beihilfe-Richtlinie (2002/90) zu verstehen sei.

Die Betroffene habe lediglich grundlegende Rechte der Kinder geschützt, wie das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Familie und Asyl.

Eine Strafbarkeit verstoße somit gegen die Grundrechtecharta der EU, insbesondere gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip nach Art. 52 Abs. 1. Daher wollte das Gericht vom EuGH wissen, ob die EU-Grundrechtecharta nationalen
Strafvorschriften entgegensteht, wenn diese auch solche Handlungen kriminalisieren, die auf humanitäre Hilfe abzielen.

Der EuGH stellt in seinem Urteil fest, dass das Verhalten der Frau nicht unter den unionsrechtlichen Tatbestand der Beihilfe zur unerlaubten Einreise fällt. Die Begleitung minderjähriger Angehöriger über eine Außengrenze stelle keine fluchthelferische Handlung dar, sondern sei untrennbar mit der elterlichen
oder familiären Sorge verbunden und damit Ausdruck familiärer Verantwortung
. Eine Bestrafung würde einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens sowie in die Rechte des Kindes darstellen, die in der EU-Grundrechtecharta (Art. 7 und 24) geschützt sind.

Bei Iuventa – „Solidarity at Sea“ gibt es weitere Info hierzu.

DRK-Suchdienst – Hinweise zum Nachzug von Kindern mit Flüchtlingsstatus.

Der DRK-suchdienst informiert über den Familiennachzug zu Kinder mit Flüchtlingsstatus (Stand: 12.08.2024 https://www.familiennachzug-visum.de/wp-content/uploads/2024/09/20240815_DRK_Suchdienst_Fachinformation_Familiennachzug_12_08_24.pdf), vor allem mit Blick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH-Urteils vom 30.01.2024, Az.: C 560/20).

Dabei wird u. a. auf die Fragen eingegangen, in welchen Konstellationen die Einhaltung der vom EuGH aufgestellten Frist von drei Monaten nach Flüchtlingsanerkennung für den Antrag auf Elternnachzug zum
stammberechtigten Kind erforderlich
ist und nach welchen Kriterien auch (volljährige) Geschwister ein Visum zur Einreise mit den Eltern zum stammberechtigten Kind erhalten müssen.

Minderjährige Bruder – Unterhaltssichung- Nachzug

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss (Az.: OVG 3 S 32/24) vom 10.06.2024 entschieden, dass dem Bruder eines minderjährigen Schutzberechtigten die fehlende Lebensunterhaltssicherung
nicht entgegengehalten werden kann.

Das Auswärtige Amt (AA) hatte Beschwerde gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin eingelegt, mit der es verpflichtet wurde, einem 13-jährigen syrischen Jungen, der im Irak lebt, ein Visum zu erteilen, damit
er gemeinsam mit seinen Eltern zu seinem subsidiär schutzberechtigten Bruder nach Deutschland einreisen kann. Das Amt meinte, die Sicherung des Lebensunterhalts sei nötig. Zudem könne der Junge zunächst mit einem Elternteil im Irak bleiben, während der andere Elternteil nach Deutschland reisen könne.
Das OVG wies die Beschwerde ab und bestätigte die Entscheidung des
VG, da in diesem speziellen Fall aufgrund des besonderen Schutzes der Familie nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK von der Regelvoraussetzung abgesehen werden muss. Das OVG betonte, dass es im besten Interesse des Kindes sei, bei seinen Eltern zu bleiben und eine Trennung unzumutbar ist, insbesondere weil der Bruder noch sehr jung sei und sich außerhalb seines Herkunftslandes befinde. Dies gelte umso mehr, als sich die Dauer einer Trennung des Antragstellers von seinen Eltern nicht sicher prognostizieren lässt.

Beschleunigung des Familiennachzugs durch Globalzustimmung – BMI-Schreiben

Im Länderrundsschreiben des Bundesinnenministeriums (BMI) vom 28.04.2023 an die Ausländerbehörden geht es um die Beschleunigung von Visumverfahren zum Familiennachzug durch Globalzustimmungen gemäß § 32 AufenthV.
Voraussetzung für Globalzustimmungen beim Familiennachzug ist aus Sicht des BMI, dass es sich um Fallgruppen handelt, in denen inlandsbezogene Tatbestandsmerkmale wie Lebensunterhalts- und Wohnraumsicherung nicht geprüft werden müssen und es sich um Visaanträge aus Ländern mit verlässlichen Urkundenwesen handelt.
Dann sind keine näheren Überprüfungen auslandsbezogener Voraussetzungen wie z.B. der Eheschließung erforderlich.
Das Schreiben enthält auch eine Übersicht Zuständigkeitsverteilung für die Prüfschritte im Visumverfahren zum Familiennachzug.

In einigen Länder ist eine Legalisierung von Urkunden nicht oder nur eingeschränkt möglich, siehe Liste der Länder.