Kein Aufenthaltsrecht für Zweitfrau und Kinder eines subsidiär Schutzberechtigten

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts regelt § 36a AufenthG den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten grundsätzlich abschließend und sperre einen Rückgriff auf § 25 Abs. 5 AufenthG, wenn sich die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise allein auf bereits vor der Einreise bestehende familiäre Bindungen zu dem subsidiär Schutzberechtigten stütze, Urteil vom 26.09.2024 – 1 C 11.23.


Zum Fall:
Eine Mutter und ihre drei Kinder beantragten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie verwiesen darauf, dass die Mutter die Zweitfrau und die Kinder Abkömmlinge eines in Deutschland als subsidiär schutzberechtigt anerkannten syrischen Staatsangehörigen seien, der im Bundesgebiet mit seiner ersten Ehefrau und weiteren sechs Kindern zusammenlebe.

Nach Auffassung des BVerwG stehe § 36a AufenthG der Anwendbarkeit des § 25 Abs. 5 AufenthG, nach dem eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen wegen unverschuldeter rechtlicher Unmöglichkeit der Ausreise erteilt werden kann, grundsätzlich entgegen.
So setze § 36a AufenthG das Vorliegen humanitärer Gründe, die u.a. in dem Schutz von Ehe und Familie wurzeln, tatbestandlich voraus. Unberührt bleibe daneben nach § 36 Abs. 1 S. 4 AufenthG lediglich die Erteilung von humanitären Aufenthaltstiteln nach den §§ 22, 23 AufenthG.


Die Sperrwirkung des § 36a AufenthG eröffne daher Raum für die Anwendung von § 25 Abs. 5 AufenthG nur im Fall nachträglich im Bundesgebiet eintretender Ereignisse.

Merkblatt: Neugeborene Kinder syrischer Staatsangehörigkeitin der Türkei –Einbindung in das Verfahren zur Familienzusammenführung

Häufig dauern die Verfahren der Familienzusammenführung lange.

Während dieser Zeit werden auch Kinder geboren. Diese sollten dann in das laufende Verfahren der Familienzusammenführung der Mutter einbezogen werden.

Geflüchtete aus Ländern eines bewaffneten Konflikts, die das Verfahren auf Familienzusammenführung zu einem Angehörigen in Deutschland nicht in ihrem Herkunftsland betreiben können, benötigen in dieser Situation auch für das Neugeborene Dokumente, damit das Kind ebenfalls ein Visum erhalten kann.

Das Merkblatt des Deutschen Roten Kreuzes gibt hierzu Hinweise.

Aufenthaltserlaubnis – Verlängerung trotz Passlosigkeit

Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei fehlendem Pass

Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis  nach § 25 Abs. 2. S.1 Alternative 2 AufenthG (subsidiärer Schutz) oder Abs. 3 (nationales Abschiebungsverbot), benötigen für die Verlängerung keine gültigen Nationalpass.

Dennoch verlangen die Ausländerämter immer wieder die Vorlage eine gültigen Nationalpasses.
Dies mag daran liegen, dass ein gültiger Pass grundsätzlich Voraussetzung für die Erteilung und Verlängerung eines Aufenthaltstitels ist, § 5 Abs. 1  Nr. 4 i. V. m. § 3 AufenthG. Hiervon ist aber nach § 5 Abs. 3 AufenthG abzusehen.

Der Flüchtlingsrat NRW hat dies zum Anlass genommen, vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) eine klarstellenden Erlass gebeten.

Familiennachzug bald Volljährigem im Eilfverfahren

BVerfG: Kein Familiennachzug zu bald Volljährigem im Eilfverfahren

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) lehnte mit Beschluss vom 11.10.2017 (Az.: 2 BvR 1758/17) den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Erteilung von Visa für den Familiennachzug der Eltern und Geschwister zu einem minderjährigen subsidiär Schutzberechtigten ab.
Der syrische Beschwerdeführer  wollte seine in Damaskus lebenden Eltern und Geschwistern nach Deutschland holen.

Das BVerfG erklärte, dass sich die Verfassungsbeschwerde wegen des ausgesetzten Familiennachzugs zwar nicht als offensichtlich unbegründet oder unzulässig darstelle. Es müsse auch geprüft werden, ob der Ausschluss des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten nach § 104 Abs. 13 AufenthG verfassungsgemäß sei.
Die Anordnung einer vorläufigen Erteilung von Visa sei jedoch nicht möglich, da es sich vorliegend nicht um einen Härtefall handele. Die Situation des betroffenen Jugendlichen unterscheide sich nicht von der anderer getrennter Familien.

Erledigung der Hauptsache wegen Vollendung des 18. Lebensjahres

Zudem stehe die „Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache kurz bevor, da der Beschwerdeführer zu 1. am 13. Oktober 2017 sein 18. Lebensjahr vollendet und nach diesem Zeitpunkt Visa zum Familiennachzug auf der Grundlage des § 36 Abs. 1 AufenthG nicht mehr erteilt werden können (vgl. BVerwGE 146, 189 <194ff.>)“. BVerfG: Az.: 2 BvR 1758/17

Die Entscheidung des Verfassungsgerichts steht im gewissen Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht (vgl. den Link unten) und führt letztlich zur einer restriktiven Möglichkeit des Familiennachzugs. Inhaltlich mag die Argumentation auch nicht überzeugen, denn in der Regel werden Flüchtlingskinder auch wenn Sie schon volljährig sind, auf die Hilfe der Eltern angewiesen sein. Ihnen wird so die vielfältige (emotionale und kognitive) Stütze der Eltern weitgehend vorenthalten.

Auch die Ausführungen zum Härtefall sind schwer nachvollziehbar, wenn es um absolute Werte (Leib und Leben) geht. Die Argumention mit einer Vergleichsgruppe erscheint insoweit befremdlich.

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung des Nachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, bleibt noch unbeantwortet. Hiermit wird sich das Gericht wohl in einem anderen Verfahren beschäftigen müssen.

Nachzug der Eltern zum ausländischen Kind in Deutschland

Familiennachzug Dublin III – 6 Monatsfrist

Familienzusammenführung nach Dublin III-Verordnung – Überstellungfrist von 6 Monaten – Eilverfahren

Die Dublin-III-Verordnung findet Anwendung in Fällen, in denen die betroffenen Familienmitglieder in einem Dublin-Mitgliedstaat Flüchtlingsschutz beantragt haben.

Hierbei werden die nachziehenden Familienmitglieder in eines der Dublin-Mitgliedstaaten überstellt. Hierfür ist ein Frist von sechst Monaten vorgesehen.

Mit Beschluss vom 15.09.2017 hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden (Az. 6L 4438/17.WI) Deutschland verpflichtet, bei den griechischen Behörden darauf hinzuwirken, die in der Dublin -Verordnung geregelten Überstellungsfristen von sechs Monaten bei der Zusammenführung von Familienangehörigen einzuhalten.

Im Fall hatte ein 17-jährige Flüchtling,  syrischer Staatsangehöriger,

Flüchtling Syrien erfolgreich Familienzusammenführung mit seinen Eltern und seinen jüngeren Geschwister in Deutschland beantragt.

Er hatte in Deutschland Flüchtlingsschutz und Asyl beantragt. Über den Antrag hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bislang nicht entschieden. Seine Eltern und drei jüngeren Geschwister befinden sich in Griechenland und durchlaufen dort das Asylverfahren. Sie hatten bei den griechischen Behörden die Familienzusammenführung in Deutschland beantragt. Diese hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auch genehmigt.

Manchmal hilft nur klagen

Da die Frist von sechs Monaten für die Überstellung am 30. September 2017 abzulaufen drohte, stellte der Flüchtling am 1. August 2017 er einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht.
Das VG Wiesbaden erklärte, die Dublin -III-Verordnung setze eine strikte Frist von sechs Monaten für die Überstellung. Weil die Antragsgegnerin ausdrücklich eine Überstellung erst im Oktober und damit nach Fristablauf geplant habe, sei eine einstweilige Anordnung notwendig, um sicherzustellen, dass die Rechte des Antragstellers gewahrt würden.

Weil die Dublin-III-Verordnung dem familiären Zusammenhalt und dem Kindeswohl einen hohen Rang einräume, müsse es für den in Deutschland gestrandeten Antragsteller ein Recht auf Familienzusammenführung geben.

Gegen den Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 80 Asylgesetz).

Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz

Der Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz ermöglicht es – Anders als nach der Dublin III -Verordnung hingegen, dass Angehörige von ihrem Herkunftsstaat aus – hier etwa Syrien – legal in den Staat gelangen können, in denen das Familienmitglied Flüchtlingsschutz erhalten hat. Der Familiennachzug ist derzeit bis 16.03.2018 ausgesetzt.