Minderjährige Bruder – Unterhaltssichung- Nachzug

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss (Az.: OVG 3 S 32/24) vom 10.06.2024 entschieden, dass dem Bruder eines minderjährigen Schutzberechtigten die fehlende Lebensunterhaltssicherung
nicht entgegengehalten werden kann.

Das Auswärtige Amt (AA) hatte Beschwerde gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin eingelegt, mit der es verpflichtet wurde, einem 13-jährigen syrischen Jungen, der im Irak lebt, ein Visum zu erteilen, damit
er gemeinsam mit seinen Eltern zu seinem subsidiär schutzberechtigten Bruder nach Deutschland einreisen kann. Das Amt meinte, die Sicherung des Lebensunterhalts sei nötig. Zudem könne der Junge zunächst mit einem Elternteil im Irak bleiben, während der andere Elternteil nach Deutschland reisen könne.
Das OVG wies die Beschwerde ab und bestätigte die Entscheidung des
VG, da in diesem speziellen Fall aufgrund des besonderen Schutzes der Familie nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK von der Regelvoraussetzung abgesehen werden muss. Das OVG betonte, dass es im besten Interesse des Kindes sei, bei seinen Eltern zu bleiben und eine Trennung unzumutbar ist, insbesondere weil der Bruder noch sehr jung sei und sich außerhalb seines Herkunftslandes befinde. Dies gelte umso mehr, als sich die Dauer einer Trennung des Antragstellers von seinen Eltern nicht sicher prognostizieren lässt.

Verpflichtungserkärung – Merkblatt

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat am 24.01.2024 ein Merkblatt zur Verwendung des bundeseinheitlichen Formulars der Verpflichtungserklärung zu § 68 i. V. m. § 66 Absatz 2 und § 67 AufenthG herausgegeben.

Darin wird auch klargestellt, dass für eine Verpflichtungserklärung nicht für die Annahme eines Visantrages erforderlich ist.

Borschüre – Sicherung des Lebenunterhalts – 2024

Der Paritätische Gesamtverband hat eine Broschüre „Visum, Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis: Die Sicherung des Lebensunterhalts als Erteilungsvoraussetzung für einen Aufenthaltstitel“ (Stand: 09.01.2024) erstellt.

Sie gibt einen Überblick zu den Regelungen zur Lebensunterhaltssicherung im Aufenthaltsgesetz beinhaltet.

In einem ersten Teil werden die allgemeinen Regelungen zur Prüfung der Lebensunterhaltssicherung dargestellt.

Im zweiten Teil wird auf die verschiedenenAufenthaltstiteln eingegangen.

langfristiger Aufenthalt für Drittstaat-Familienangehöriger eines Unionsbürgers – Urteil des EuGH

Der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof (EuGH) gewährt einer gha­nai­schen Mut­ter eines Kin­des mit nie­der­län­di­scher Staats­an­ge­hö­rig­keit ein Daueraufenthalt.

Eine Ghanaerin hat einen niederländischen Sohn und erhielt deshalb 2013 als Familienangehörige eines Unionsbürgers aufgrund des bestehenden Abhängigkeitsverhältnisses nach Artikelt 20 AEUV eine Aufenthaltsgenehmigung für die Niederlande.

2019 beantragte sie nach der Daueraufenthaltsrichtlinie 2003/109/EG eine langfristige Aufenthaltsberechtigung. Die niederländischen Behörden lehnten ihren Antrag ab. Das Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger eines Unionsbürgers sei nur vorübergehender Natur. Die Frau klagte dagegen.

Ausschluss nur bei zeitlich streng begrenzten Aufenthalten

Laut EuGH schließe die Richtlinie lediglich solche Drittstaatsangehörige aus, die sich ausschließlich vorübergehend etwa als Au-pair oder Saisonarbeitnehmer oder als entsendete Arbeitnehmer aufhalten oder deren Aufenthaltsgenehmigung förmlich begrenzt worden sei. Solche Aufenthalte hätten gemeinsam, dass sie zeitlich streng begrenzt und auf kurze Dauer angelegt sind, sodass sie es nicht ermöglichen, dass ein Drittstaatsangehöriger langfristig im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats ansässig wird.

Im vorliegenden Fall sei das Aufenthaltsrecht einer Drittstaatsangehörigen in ihrer Eigenschaft als Familienangehörige eines Unionsbürgers gerechtfertigt, wenn der Aufenthalt erforderlich sei, damit dieser Unionsbürger den Kernbestand der Rechte, die ihm dieser Status verleihe, wirksam in Anspruch nehmen könne, solange das Abhängigkeitsverhältnis zu dieser Drittstaatsangehörigen fortbestehe.

Grundsätzlich sei ein solches Abhängigkeitsverhältnis nicht auf kurze Dauer angelegt, sondern könne sich vielmehr über einen beträchtlichen Zeitraum erstrecken.

Integrationsziel der Richtlinie

Das vorrangige Ziel der Richtlinie bestehe in der Integration von Drittstaatsangehörigen, die in den Mitgliedstaaten langfristig ansässig seien. Eine solche Integration ergebe sich vor allem aus der Dauer des ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalts von fünf Jahren.

Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen einem Drittstaatsangehörigen und seinem Kind, das Unionsbürger sei, könne die Dauer des Aufenthalts dieses Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten jedoch deutlich über diese Dauer hinausgehen.

Ferner müsse einem Drittstaatsangehörigen, der ein solches Aufenthaltsrecht genieße, eine Arbeitserlaubnis erteilt werden, damit er für den Unterhalt seines Kindes, das Unionsbürger sei, aufkommen könne, da diesem andernfalls der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihm dieser Status verleihe, verwehrt würde. Die Ausübung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats über einen längeren Zeitraum könne daher die Verwurzelung dieses Staatsangehörigen noch stärker festigen.

Voraussetzungen für langfristige Aufenthaltsberechtigung müssen erfüllt sein

  • fünf Jahre langen ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt
  • Nachweis, dass er für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen über feste und regelmäßige Einkünfte, die ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreichten,
  • sowie über eine Krankenversicherung verfüge, die in diesem Mitgliedstaat sämtliche Risiken abdecke, die in der Regel auch für die eigenen Staatsangehörigen abgedeckt seien.
  • Ebenso könne der betreffende Mitgliedstaat von Drittstaatsangehörigen verlangen, dass sie die Integrationsanforderungen erfüllen, die sein nationales Recht vorsehe.

zu EuGH, Urteil vom 07.09.2022 – C-624/20

Wohngeld in Anspruch nehmen

Im Podcast Smarter leben vom 27. August 2022 über Inflation: Wie bleibt mir so viel Geld wie möglich?“, berichtet Hermann-Josef Tenhagen: Die Hälfte derjenigen, die Wohngeld in Anspruch nehmen, tun das nicht.

Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss für Mieter und Eigentümer, die nur ein geringes Einkommen haben.

Wer zwischen Oktober 2021 und März 2022 Wohngeld bezogen hat und allein wohnt, bekommt zusätzlich im Sommer 2022 einen Heizkostenzuschuss von 270 Euro. Bei zwei Menschen sind 350 Euro vorgesehen, für jeden weiteren Mitbewohner jeweils 70 Euro.

Gerade auch Ausländer könnte Wohngeld beanspruchen. Das Wohngeld wird auch nicht durch negativ „als Inanspruchnahme von Sozialleistungen“ erfasst, so dass die Frage der meist nötigen Unterhaltssicherung insoweit unproblematisch ist. Es ist also unschädlich, wenn jemand, der über hinreichendes und gesichertes Einkommen, und damit die Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erfüllt, Wohngeld beanspruchen kann und auch tatsächlich bezieht

Aus § 2 Abs. 3 S. 1 und 2 AufenthG folgt allerdings auch, dass Wohngeld aber auch nicht zugunsten des Betroffenen als Einkommen bei der Berechnung der Unterhaltssicherung einbezogen werden kann.

Das Wohngeld soll nach Angaben der Bundesregierung nun auch deutlich erhöht werden.

Prüfen Sie, ob Sie Wohngeld beanspruchen können. Von der Stadt Berlin gibt es einen Wohngeldrechner.

Als Mieter kannst Du einen Zuschuss zur Miete Deiner Wohnung bekommen, wenn Du ein eigenes Einkommen hast – dazu zählen auch Renten, Ar­beits­lo­sen­geld I oder Kurz­arbeiter­geld. Auch wer im Altenheim lebt, kann eventuell Wohngeld bekommen.

Wohnst Du in Deiner eigenen Wohnung oder Deinem eigenen Haus, kannst Du vielleicht auch Wohngeld bekommen – und zwar als Zuschuss zu Deinen monatlichen Zahlungen an die Bank, wenn Du Deine Baufinanzierung zurückzahlst oder zu den Betriebskosten.

Bekommst Du Grundsicherung für Arbeitssuchende (Ar­beits­lo­sen­geld II oder Hartz IV-Leistungen), dann wird Deine Miete bei dieser Sozialleistung schon berücksichtigt. Wohngeld steht Dir dann nicht zu (§ 7 WoGG). Das gilt auch für alle, die Grundsicherung im Alter bekommen oder Sozialhilfe bei Erwerbsminderung.

Antrag auf Wohngeld stellen – wie und wo?

Einen Antrag auf Wohngeld kannst Du bei der Wohngeldbehörde Deiner Gemeinde, Stadt oder Kreisverwaltung stellen. Oft ist das Thema Wohngeld auch bei den Sozialämtern angesiedelt. Das Formular findest Du in aller Regel auch online auf der Website Deiner Stadt, Deines Kreises oder des zuständigen Ministeriums in Deinem Bundesland.

In Nordrhein-Westfalen, kannst Du Wohngeld auch online beantragen. Dazu musst Du zunächst den NRW-Wohngeldrechner nutzen, alle Fragen beantworten, bevor Du zum Online-Antrag geleitet wirst.

Für den Mietzuschuss musst Du das Einkommen der Familienmitglieder nachweisen und die Höhe und Zusammensetzung der Miete belegen. Beim Lastenzuschuss muss anstelle der Miete die Belastung (aus Kapital- und Bewirtschaftungskosten) nachgewiesen werden.

Hast Du noch nicht alle Unterlagen zusammengesucht, kannst Du den Antrag auf Wohngeld auch zunächst formlos stellen. Den amtlichen Vordruck samt Nachweisen musst Du aber spätestens innerhalb eines Monats nach Abgabe des formlosen Antrags nachreichen.

Eigentlich ist es sinnvoll, dass Du nach einer Terminvereinbarung persönlich Deinen Antrag in der Behörde abgibst. So kann der Sachbearbeiter mit Dir gemeinsam prüfen, ob alle Unterlagen vollständig sind. Rückfragen kannst Du gleich klären. Die Bearbeitung des Antrrags kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen.