Familiennachzug nach § 22 AufenthG

Härtefallregelung des § 22 AufenthG für Familiennachzug

PRO ASYL und Flüchtlingsrat Niedersachsen haben zurecht die Härtefallregelung beim Familiennachzug (Koalitionsausschusses der Bundesregierung vom 29.03.2017 haben CDU und SPD)  als Augenwischerei gebrandmarkt.

§ 22 AufenthG ermögliche  den Familiennachzug im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern die Härtefallklausel in § 22 AufenthG in Einzelfällen

Das Netzwerk „Berlin hilft“ gab in einem Beitrag vom 31.03.2017 z. B. an, dass bis März 2017 kein einziger Mensch ein Visum über den § 22 AufenthG bekommen habe.
Laut einem Artikel im MiGAZIN vom 31.03.2017 spreche demgegenüber der Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) von inzwischen 49 positiv entschiedenen Fällen.

Voraussetzungen für einen Härtefallantrag nach § 22 AufenthG

Ausführungen des Auswärtigen Amtes zu § 22 Aufnethg (Anhörung zum Familiennachzug am 20.03.2017 im Bundestag):

Eine Aufnahme nach § 22 Satz 1 AufenthG kommt nach den Verwaltungsvorschriften allein in Fällen einer humanitären Notlage in Betracht, die sich von den Lebensumständen im Aufenthaltsland deutlich abhebt und aus der eine dringende Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen folgt. Die konkrete Situation der aufzunehmenden Person muss sich dabei als „singuläres Einzelschicksal“ darstellen, das sich von vergleichbaren Situationen durch die Intensität und den Grad der Gefährdung unterscheidet. Die Aufnahme aus humanitären Gründen setzt darüber hinaus u. a. voraus, dass ein besonders enger Bezug zu Deutschland und ggfs. Anknüpfungspunkte an ein bestimmtes Bundesland in Deutschland, z. B. durch dort lebende Familienangehörige oder frühere Aufenthalte in Deutschland, gegeben sind.

Danach ist eine Nachzug so gut wie ausgeschlossen.

Verfahren nach § 22 AufenthG

Eine Antrag nach § 22 AufenthG ist zunächst nicht an die deutsche Auslandsvertretung (Visumsverfahren), sonder über das Auswärtige Amt zu richten (Vorprüfungsverfahren).

Dieses Vorprüfungsverfahren läuft nach den folgenden Schritten ab:

  1. Schriftliche Anfrage an das Auswärtige Amt, E-Mail:
    508-9-R1@auswaertiges-amt.de
  2. Darlegung der Gefährdungssituation der aufzunehmenden Person . Schilderung der Gefährdungssituation bzw. der besonderen Notlage der Familienangehörigen und der Situation der Referenzperson in Deutschland sowie der sonstigen Umstände des Einzelfalls erforderlich. Unterlagen und Nachweise, die die besondere Notlage belegen (z. B. ärztliche Atteste) und der BAMF-Bescheid der Referenzperson in Deutschland sollten beigefügt werden.
  3. Im Fall der Glaubhaftmachung einer besonderen Gefährdung/Notlage wird eine persönliche Anhörung in der zuständigen Auslandsvertretung durchgeführt.
    Auf Grundlage der durchgeführten Anhörung trifft das Auswärtige Amt eine abschließende Entscheidung über das Ersuchen auf humanitäre Aufnahme.
  4. Die Beteiligung der Ausländerbehörde erfolgt im Rahmen des Visumverfahrens. Ein Termin für die Beantragung wird von der Auslandsvertretung mit den Antragstellern auf Weisung des Auswärtigen Amtes vereinbart, eine Terminbuchung ist nicht erforderlich.

(Quelle: Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage Die Linke Drucksache 18/10960)

Bisher sind ganze 49 Anträge nach § 22 bundesweit gestellt worden. Genehmigt wurde bis Anfang März kein einziger.

Studie zum Familiennachzug

Überblick über Voraussetzung des Familiennachzugs

Frau Janne Grote, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, hat eine Studie zu den Voraussetzungen des Familiennachzugs erstellt: „Fokusstudie der deutschen nationalen Kontaktstelle für das Europäische Migrationsnetzwerk (EMN)

Sie erfasst auch Unterstützungsleistungen nach der Einreise sowie mögliche Ausschlusskriterien für den Nachzug von Ehe- und Lebenspartnern, Kindern, Eltern und sonstigen Familienangehörigen.
Die Voraussetzungen für den Familiennachzug unterscheiden sich je nach Aufenthaltsstatus der aufnehmenden Person, aber auch hinsichtlich des Verwandtschaftsgrades der nachzugswilligen Angehörigen.

Kernvoraussetzung des Familiennachzugs

Grob gibt es fünf Kernvoraussetzungen: Die aufnehmende Person muss

Betsäule Deutschherrenst. 37 in Bad Godesberg
Flucht aus Ägypten

über einen gültigen Aufenthaltstitel  (bzw. deutsche Staatsbürger sein) verfügen, ausreichenden Wohnraum und Krankenversicherungsschutz für sich und die nachziehenden Familienangehörigen vorweisen sowie den Lebensunterhalt sichern können. Darüber hinaus müssen in der Regel bestimmte „Integrationsleistungen“ vor und/oder nach dem Nachzug erfüllt werden (z. B. Nachweis über Deutschkenntnisse). Beim Ehe- bzw. Lebenspartnernachzug müssen die Partnerinnen und Partner wiederum in der Regel mindestens 18 Jahre alt sein.

Ausnahmen von Anforderung für den Nachzug

Für einzelne Personengruppen kann beim Familiennachzug von bestimmten Voraussetzungen abgesehen werden oder ist von diesen abzusehen. Dies gilt beispielsweise für die Lebensunterhaltssicherung, von der bei Resettlement-Flüchtlingen, Asylberechtigten, anerkannten Geflüchteten sowie subsidiär Schutzberechtigten abzusehen ist bzw. abgesehen werden kann.

Einschränkugnen des Familiennachzugs

Einschränkungen beim Familiennachzug gelten derzeit für subsidiär Schutzberechtigte. Für diejenigen, denen nach dem 17. März 2016 eine Aufenthaltserlaubnis als subsidiär Schutzberechtigte erteilt wurde, wurde der Familiennachzug bis zum 16. März 2018 ausgesetzt; ein Nachzug während dieser Phase ist nur in Einzelfällen und aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen möglich. Ein Familiennachzug wird desweiteren nicht zugelassen, wenn feststeht, dass es sich um eine Schein- oder Zwangsehe bzw.Schein- oder Zwangspartnerschaft handelt. Auch der Nachzug zu vollziehbar Ausreisepflichtigen wird nicht gewährt.

Einreiseverweigerung von minderjährigen Geschwistern

Ist ein minderjährige Flüchtling als Flüchtling in Deutschland anerkannt, so dürfen die Eltern nachziehen. Ein Nachzug von minderjährigen Geschwistern erfolgt nach der bisherigen Praxis über § 36 AufenthG wegen eines besonderen Härtefalls.

Einige Ausländerbehörden haben nach Angaben von Pro Asyl nun – in Abstimmung mit den Botschaften – den minderjährigen Geschwistern die Einreise nach Deutschland untersagt.

Damit kann für die Eltern eine Zwangslage entstehen: Sie müssen entweder nur mit einen Teil der Kinder Zusammenleben oder sich trennen.

Diese Praxis ist ethisch und rechtlich nicht haltbar.

Die Einreiseverweigerung der minderjährigen Geschwistern widerspricht dem besondere Schutz der Familie nach Art. 6 des deutschen Grundgesetzes und dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das Recht auf ein Zusammenleben von Kindern ist auch in Art. 9 und 10 der UN-Kinderrechtskonvention anerkannt.

PRO ASYL: Kurswechsel beim Familienachzug 9.11.2016

Familiennachzug für Syrer: IOM-Programm

Das Flüchtlingsrat NRW hat auf ein Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 14. Juli 2016 über Neuerungen beim Familiennachzug für Syrer hingewiesen.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) führt
ein Familienunterstützungsprogramm – „Family
Assistance Program (FAP)“ – für die Familienangehörigen
von in Deutschland anerkannten syrischen
Flüchtlingen durch.
Dieses Programm soll Antragsteller beim Visumsverfahren helfen und sicherzustellen, dass sämtliche notwendigen Dokumente
beim Visum-Termin vorgelegt werden können.

Die IOM-Zentren in Beirut und Istanbul haben ihre Tätigkeit
bereits aufgenommen, das Zentrum soll in Gaziantep
wird in Kürze folgen.
Durch den Besuch der IOM-Familienunterstützungszentren soll die Visumsbearbeitung und damit die Ausreise nach Deutschland
beschleunigt werden.

Dass die Auswärtige Amt die Hilfe der IOM in Anspruch nimmt, um die Visumsbearbeitung zu beschleunigen, ist erfreulich, denn bisher sind die Botschaften offenbar überfordert gewesen.
Als weitere Maßnahme sollte daran gedacht werden, auch ein weitere Zuständigkeit (Ersatzuständigkeit) bei den örtlichen Ausländerbehörden zu begründen.

Webseite des Auswärtigen Amts – Familiennachzug Syrien

Auf diese Weise soll zudem unseriösen Agenturen und Vermittlern Steine vermieden werden.

Spezielle Webseite des Auswärtigen Amtes für syrische Flüchtlinge und den Familiennachzug

Musterklage für Flüchtlinge aus Syrien

Der Bundesverband der Diakonie führt eine Musterklage für Flüchtlinge aus Syrien. Die Klage wurde von Rechtsanwältin Oda Jentsch erstellt.

Die Klage zielt auf die Anerkennung des gegenüber dem subsidiären Schutz besseren Status nach der Genfer Flüchtlingskonvention.

Musterklage für Syrier
Manchmal hilft nur klagen

Viele Syrer erhalten häufig nur noch den subsidiären Schutz anstelle einer Flüchtlingsanerkennung. Letzerer ist aber mit mehreren Vorteilen verbunden: etwa mit einem dreijährigen Aufenthaltstitel und der Erteilung des internationalen Flüchtlingsausweises. Vor allem kann aber auch der privilegierte Familiennachzug hilfreich sein.

Musterklage – Klageschrift

Mit der Teilklage (Muster-Klageschrift-Syrien) wird nur die Ablehnung der Flüchtlingsanerkennung „angefochten“.  Die Zuerkennung des subsidiären Schutzes soll erhalten bleiben.
Die Klage zielt darauf ab, dass das Gericht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verpflichtet, zusätzlich die Flüchtlingseigenschaft in Deutschland nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuzuerkennen. Grund hierfür ist das Bestehen einer individuelle Verfolgungsgefahr.

Die Klage kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des BAMF Bescheides erhoben werden. Die Klage ist innerhalb von einem Monat nach Zustellung zu begründen.