Recht und Praxis des Familiennachzugs für geflüchtete Kinder.

Recht und Praxis des Familiennachzugs für geflüchtete Kinder.

In einer gemeinsamen Stellungnahme und einem
Hintergrundpapier des Bundesfachverbands
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) und UNICEF werden die aktuellen politischen und strukturellen Hindernisse analysiert, die den Familiennachzug einschränken.

Es enthält konkrete politische Forderungen im Interesse des Wohlergehens
der Kinder und Jugendlichen auf, um bestehende Hindernisse aus dem Weg zu räumen und das Recht auf Familie zu realisieren.

Familiennachzug bald Volljährigem im Eilfverfahren

BVerfG: Kein Familiennachzug zu bald Volljährigem im Eilfverfahren

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) lehnte mit Beschluss vom 11.10.2017 (Az.: 2 BvR 1758/17) den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Erteilung von Visa für den Familiennachzug der Eltern und Geschwister zu einem minderjährigen subsidiär Schutzberechtigten ab.
Der syrische Beschwerdeführer  wollte seine in Damaskus lebenden Eltern und Geschwistern nach Deutschland holen.

Das BVerfG erklärte, dass sich die Verfassungsbeschwerde wegen des ausgesetzten Familiennachzugs zwar nicht als offensichtlich unbegründet oder unzulässig darstelle. Es müsse auch geprüft werden, ob der Ausschluss des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten nach § 104 Abs. 13 AufenthG verfassungsgemäß sei.
Die Anordnung einer vorläufigen Erteilung von Visa sei jedoch nicht möglich, da es sich vorliegend nicht um einen Härtefall handele. Die Situation des betroffenen Jugendlichen unterscheide sich nicht von der anderer getrennter Familien.

Erledigung der Hauptsache wegen Vollendung des 18. Lebensjahres

Zudem stehe die „Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache kurz bevor, da der Beschwerdeführer zu 1. am 13. Oktober 2017 sein 18. Lebensjahr vollendet und nach diesem Zeitpunkt Visa zum Familiennachzug auf der Grundlage des § 36 Abs. 1 AufenthG nicht mehr erteilt werden können (vgl. BVerwGE 146, 189 <194ff.>)“. BVerfG: Az.: 2 BvR 1758/17

Die Entscheidung des Verfassungsgerichts steht im gewissen Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht (vgl. den Link unten) und führt letztlich zur einer restriktiven Möglichkeit des Familiennachzugs. Inhaltlich mag die Argumentation auch nicht überzeugen, denn in der Regel werden Flüchtlingskinder auch wenn Sie schon volljährig sind, auf die Hilfe der Eltern angewiesen sein. Ihnen wird so die vielfältige (emotionale und kognitive) Stütze der Eltern weitgehend vorenthalten.

Auch die Ausführungen zum Härtefall sind schwer nachvollziehbar, wenn es um absolute Werte (Leib und Leben) geht. Die Argumention mit einer Vergleichsgruppe erscheint insoweit befremdlich.

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung des Nachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, bleibt noch unbeantwortet. Hiermit wird sich das Gericht wohl in einem anderen Verfahren beschäftigen müssen.

Nachzug der Eltern zum ausländischen Kind in Deutschland

Familiennachzug Dublin III – 6 Monatsfrist

Familienzusammenführung nach Dublin III-Verordnung – Überstellungfrist von 6 Monaten – Eilverfahren

Die Dublin-III-Verordnung findet Anwendung in Fällen, in denen die betroffenen Familienmitglieder in einem Dublin-Mitgliedstaat Flüchtlingsschutz beantragt haben.

Hierbei werden die nachziehenden Familienmitglieder in eines der Dublin-Mitgliedstaaten überstellt. Hierfür ist ein Frist von sechst Monaten vorgesehen.

Mit Beschluss vom 15.09.2017 hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden (Az. 6L 4438/17.WI) Deutschland verpflichtet, bei den griechischen Behörden darauf hinzuwirken, die in der Dublin -Verordnung geregelten Überstellungsfristen von sechs Monaten bei der Zusammenführung von Familienangehörigen einzuhalten.

Im Fall hatte ein 17-jährige Flüchtling,  syrischer Staatsangehöriger,

Flüchtling Syrien erfolgreich Familienzusammenführung mit seinen Eltern und seinen jüngeren Geschwister in Deutschland beantragt.

Er hatte in Deutschland Flüchtlingsschutz und Asyl beantragt. Über den Antrag hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bislang nicht entschieden. Seine Eltern und drei jüngeren Geschwister befinden sich in Griechenland und durchlaufen dort das Asylverfahren. Sie hatten bei den griechischen Behörden die Familienzusammenführung in Deutschland beantragt. Diese hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auch genehmigt.

Manchmal hilft nur klagen

Da die Frist von sechs Monaten für die Überstellung am 30. September 2017 abzulaufen drohte, stellte der Flüchtling am 1. August 2017 er einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht.
Das VG Wiesbaden erklärte, die Dublin -III-Verordnung setze eine strikte Frist von sechs Monaten für die Überstellung. Weil die Antragsgegnerin ausdrücklich eine Überstellung erst im Oktober und damit nach Fristablauf geplant habe, sei eine einstweilige Anordnung notwendig, um sicherzustellen, dass die Rechte des Antragstellers gewahrt würden.

Weil die Dublin-III-Verordnung dem familiären Zusammenhalt und dem Kindeswohl einen hohen Rang einräume, müsse es für den in Deutschland gestrandeten Antragsteller ein Recht auf Familienzusammenführung geben.

Gegen den Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 80 Asylgesetz).

Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz

Der Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz ermöglicht es – Anders als nach der Dublin III -Verordnung hingegen, dass Angehörige von ihrem Herkunftsstaat aus – hier etwa Syrien – legal in den Staat gelangen können, in denen das Familienmitglied Flüchtlingsschutz erhalten hat. Der Familiennachzug ist derzeit bis 16.03.2018 ausgesetzt.

Duldung der Eltern von gut integrierten Jugendlichen

Duldung der Eltern von gut integrierten Jugendlichen

Duldung von Eltern

Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat am 30.05.2017 Anwendungshinweise (AufenthG) herausgegeben. Hier finden sich einige Klarstellungen darüber, unter welchen Bedingungen ein Anspruch auf Duldung besteht.
Daneben sind Ausführungen zur so genannten 3+2-Regelung (Ausbildungsduldung) enthalten.
Die Anwendungshinweise sind nicht verbindlich, sondern – im Gegensatz zu Ländererlassen oder Verwaltungsvorschriften – nur Empfehlungen des BMI.

Aussetzung der Abschiebung für Eltern

§ 60a Absatz 2b AufenthG regelt die Aussetzung der Abschiebung für Eltern von minderjährigen Kindern, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG erhalten haben (Aufenthalt bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden), soweit für die Eltern nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
nach § 25a Absatz 2 AufenthG vorliegen.

Damit werde die Aussetzung der Abschiebung der Eltern bis zum Erreichen der Volljährigkeit zur Ausübung der Personensorge ermöglicht.
Bei der erforderlichen familiären Lebensgemeinschaft müsse es sich nicht nur um eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, sondern um eine Beistandsgemeinschaft handeln.
Die Aussetzung der Abschiebung gelte auch für die minderjährigen
Kinder, die in familiärer Lebensgemeinschaft mit ihren Eltern leben.
Die Regelung ist als „Soll-Vorschrift“ konzipiert. Sollte das öffentliche Interesse, dass die Eltern bzw. der Elternteil das Bundesgebiet unverzüglich verlassen müssen, das private Interesse an der Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft im Einzelfall deutlich überwiegen, liege eine Atypik vor, die einer Aussetzung der Abschiebung entgegenstünde. Dies könne bei fortgesetzten Straftaten der Eltern oder minderjährigen Geschwister der Fall sein.

Voraussetzung des Nachzugs des Elternteils zu deutschem Kind 
Jungendliche in Ausbildung

Duldung

Familiennachzug nach Dublin-III-Verordnung

Familiennachzug nach Dublin-III-Verordnung bei Asyl

Nach der Dublin – III- Verordnung kann das Asylverfahren enger Familienangehöriger in einem Land durchgeführt werden, in dem zuerst Asylantrag gestellt wurde.
Wenn also ein Mitglied der Familie bereits in Deutschland Asylantrag gestellt hat, liegt die Zuständigkeit für die weiteren Asylanträge der Familie ebenfalls bei Deutschland.
Um das Verfahren in Gang zu setzen, müssen die Familienangehörigen, die sich etwa in Griechenland befinden, zunächst einen griechischen Asylantrag stellen. Die griechische Asylbehörde wendet sich dann an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), um die Überstellung der Antragsteller/ Antragstellerinnen nach Deutschland einzuleiten.

Bei Überstellung nach der Dublin-III-Verordnung ist ein Einreisevisum nicht erforderlich.

Die Deutsche Botschaft ist an der Durchführung des Verfahrens nicht beteiligt. Info zum Verfahren erhalten Sie bei BAMF.

Wenn sich die Familienangehörigen in einem der so genannten Dublin III Mitgliedstaaten aufhalten, besteht unter den Voraussetzungen der Dublin III Verordnung die Möglichkeit der Wiederherstellung der Familienbande im Rahmen des Dublin III Verfahrens.

  1. Die Familienangehörigen, um die es geht, halten sich beide in einem der Dublin III Mitgliedsstaaten auf. (Dublin III Mitgliedsstaaten sind alle Länder der Europäischen Union sowie die assoziierten Staaten Norwegen, Island, Schweiz und Lichtenstein. Keine Dublin III Mitgliedsstaaten sind: Mazedonien, Albanien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Kosovo.)
  2. Der Familienangehörige, welcher in eine anderes Land (Zielland) zu seinen Angehörigen ziehen möchte, muss dort, wo er sich befindet, einen Asylantrag stellen und zugleich angeben, dass er Familienangehörige und/ oder Verwandte in einem anderen Dublin III Mitgliedsstaat hat, zu welchen er überstellt werden möchte.

Die Familienangehörigen oder Verwandten in demjenigen Dublin III Mitgliedsstaat, in welchen der Betreffende als Zielland überstellt werden möchte, müssen alternativ folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Die Familienangehörige befinden sich entweder selber in einem laufenden Asylverfahren und haben noch keine erste Entscheidung erhaltenoder
  • Die Angehörige sind bestandskräftig als international Schutzberechtigte anerkannt, d.h. sie sind asylberechtigt oder haben bestandskräftig Schutz als anerkannte Flüchtlinge oder als subsidiär Schutzberechtigte erhalten.

Die Art der Zusammenführung der Familienmitglieder ist von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat unterschiedlich: Die Übernahmeentscheidung wird ausgehändigt und notwendige Tickets werden meist vom übergebenden Staat gestellt.

Für Familienangehörige, die in Ländern der Fluchtroute festsitzen, die keine Dublin III Mitgliedsstaaten sind, muss auf die normalen Regelungen der Familienzusammenführung nach dem AufenthG zurückgegriffen werden. Das heißt, die hier lebenden Familienmitglieder müssen die Voraussetzungen des Aufenthaltsgesetzes erfüllen – Familiennachzug zu Flüchtlingen.
Familiennachzug für Menschen im laufenden und noch nicht positiv abgeschlossenen Asylverfahren ist hierbei grundsätzlich nicht möglich.